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Ökumenischer Gottesdienst - Ständerat Paul Rechsteiner zum Bettag 2018 « zurück

Kath SG
Allein in den ersten 7 Monaten dieses Jahres sind im Mittelmeer mehr als 1500 Flüchtlinge ertrunken. So meldet es das UN-Flüchtlingshilfswerk, das UNHCR. Und das obschon die Zahl der Überfahrten und die Zahl der Flüchtlinge stark zurückgegangen ist. Die neue italienische Rechtsregierung verbietet Rettungsschiffen, italienische Häfen anzulaufen. Helferinnen und Helfer werden kriminalisiert. Salvini, Kurz und Orban feiern sich für ihre Hetze gegen Flüchtlinge. Weniger Flüchtlinge und mehr Tote: So lautet die makabre Bilanz dieses Jahres.

Der Bettag eröffnet die Möglichkeit, aktuelle und gleichzeitig grundsätzliche Fragen anzusprechen. Der Umgang mit Flüchtlingen ist eine solche Frage. Der Umgang mit Migrantinnen und Migranten überhaupt.

Die Kirchen gehören zu den zentralen Institutionen, die sich an Werten orientieren. Zum Beispiel an jenem, dass letztlich jeder Mensch gleich viel wert ist. Unabhängig von seiner Herkunft und unabhängig von seiner sozialen Stellung. Daraus ergibt sich eine starke Orientierung an den Werten der Solidarität. Und ein Positionsbezug gegen Hetze, gegen Ausgrenzung, gegen Rassismus.

Diese grundsätzliche Orientierung ist heute so wieder so wichtig wie schon lange nicht mehr. In Europa. Weltweit. Aber auch in der Schweiz.

Wie die Erfahrung zeigt, sind Rassismus und Hetze oft nicht dort am stärksten präsent, wo viele Migrantinnen und Migranten oder Flüchtlinge leben. Sondern an Orten, wo es eigentlich um ganz andere Fragen geht. Fragen wirtschaftlicher Natur. Beispielsweise die wirtschaftliche Degradierung und Entvölkerung. Die jüngsten Vorgänge im Osten Deutschlands zeugen davon.

Umgekehrt wird im Alltag weltweit, in Europa und bei uns in der Schweiz viel Solidarität praktiziert, unauffälliges, praktisches Zusammenleben. Nicht nur im Alltag, sondern auch am Arbeitsplatz, wo vieles abseits von den Schlagzeilen in den Medien seit langem ganz selbstverständlich ist, ohne dass es extra proklamiert werden müsste.

Entscheidend für unser Zusammenleben ist die Grundhaltung. Die ethische Grundhaltung, die politische Grundhaltung. Ganze Gesellschaften können kippen, wenn Hetze, Ausgrenzung und Rassismus plötzlich zur herrschenden Meinung oder gar zur Position politisch führender Kreise werden. Die Werte der Solidarität sind nicht automatisch gesichert. Man muss sich ihrer immer wieder bewusst werden. Und sie müssen sich auf dem Hintergrund der aktuellen Probleme bewähren.

Die Schweiz ist ein vielfältiges Land. Die Anerkennung der Vielfalt war die Grundlage der Neugründung des Bundesstaats im 19. Jahrhundert. Diese Vielfalt hat gerade im Laufe der letzten Jahrzehnte nochmals ganz neue Formen angenommen. Aber sie ist ein positiver Wert geblieben. Ein Ausdruck von Stärke.

Aber auch in der Schweiz stehen wir immer wieder vor neuen Herausforderungen. Im Alltag. Bei der Integration beispielsweise der jungen Generation. Wir müssen Sorge dafür tragen, dass alle mitgenommen werden. Und ihre Chancen wahrnehmen können. Unabhängig von der Herkunft der Eltern und unabhängig von ihrer sozialen Stellung. Das ist für unsere Zukunft entscheidend.

Auch politisch stehen wir immer wieder vor fundamentalen Weichenstellungen. Beispielsweise wenn Ende November über eine Initiative abgestimmt wird, welche die Menschenrechte in Frage stellt, die universell gültigen Menschenrechte. Das ist das Thema der sogenannten „Selbstbestimmungsinitiative“. Diese Initiative ist in Tat und Wahrheit nichts anderes als eine Anti-Menschenrechtsinitiative.

Der Bettag ist eine alte schweizerische Institution. Sie geht zurück auf eine Zeit von Hungersnöten, von Pestepidemien und Kriegen. Ein frühes Thema war der Schutz von verfolgten Minderheiten, damals den Hugenotten und den Waldensern.

Unsere positiven Grundwerte sind wegweisend in der Präambel der Bundesverfassung verankert:

in der Verantwortung gegenüber der Schöpfung,

im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken,

im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben,

im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen,

gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärke des Volkes sich misst am Wohl der Schwachen.

Ich danke Ihnen.
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